Reformbedürftiger Service public

DELPHInarium 1/2015

Abbildung 1: Welcher Meinung stimmen Sie am ehesten zu?
Abbildung 2: Welche Auswirkungen hat das Ergebnis der RTVG-Abstimmung vom 14. Juni für das Schweizer Mediensystem in den nächsten fünf Jahren?
Abbildung 3: Wie gross schätzen Sie die Erfolgsaussichten für die Umsetzung folgender Forderungen in den nächsten fünf Jahren ein?
 

Nicht erst seit der Abstimmung vom 14. Juni stellt sich die Frage, inwieweit das duale Rundfunksystem im Allgemeinen und in der Schweiz im Speziellen noch sinnvoll ist. In der ersten Runde der DELPHInarium-Befragung 2015 befassten sich die befragten Medienexperten mit der Zukunft des Service public.

Der öffentliche Rundfunk hatte in der Schweiz, wie auch in vielen anderen Ländern Europas, seinen Ursprung in der Zwischenkriegszeit. Er mündete vor rund 25 Jahren ins heute noch praktizierte duale Rundfunksystem. In der Schweiz, wie auch andernorts, wird dieses System zunehmend in Frage gestellt. Das denkbar knappe Ja des Stimmvolks zum neuen RTVG (Abstimmung vom 14. Juni) hat den öffentlichen Diskurs zum Service public und zur Rolle der SRG weiter angeheizt. Verschiedene politische Vorstösse und die kompromisslose „No-Billag“-Initiative künden davon.

Existenzberechtigung des Service public unbestritten

Die DELPHInarium-Experten sind offensichtlich überzeugt, dass der öffentliche Rundfunk auch unter heutigen Medienbedingungen seine Existenzberechtigung hat, da er wichtige Funktionen erfüllt, die der Markt nicht erbringen kann. Ein Experte weist allerdings darauf hin, dass diese Aussage ausdrücklich nur für die Schweiz mit ihren vier Sprachen und unterschiedlichen Kulturen gilt, während in grösseren Ländern mit nur einer Landessprache die Situation anders zu beurteilen sei.

Zwar wird die Existenzberechtigung des öffentlichen Rundfunks nicht in Frage gestellt, eine klare Mehrheit ist aber der Meinung, dass Reformbedarf bestehe. Ganz offensichtlich stellen die Experten die Rolle der SRG und deren Leistungsauftrag in Frage. Sie sind aber zurückhaltend, was den Umfang der Reformen anbelangt: Die überwiegende Mehrheit glaubt, dass die Leistungsaufträge der SRG auf der Basis gutschweizerischer Kompromisse für die Neukonzes­sionierung 2018 leicht austariert werden. Eine völlige Neufassung des Service public und grössere Einschnitte im SRG-Angebot erwarten nur wenige. Der 14. Juni habe einen „Sturm im Wasserglas“ verursacht, meint ein Befragter.

Mehr Transparenz und Einschränkungen bei SRG erwartet

Eine radikale Umwälzung des Systems, d.h. die gänzliche Abschaffung der öffentlichen Finanzierung von SRG und Privaten und die ersatzweise Versteigerung von Konzessionen, wie sie die „No-Billag“-Initiative vorsieht, hält keine einziger der befragten Experten für realistisch. Auch werden die Chancen auf ein Werbeverbot für die SRG als gering beurteilt. Ein Experte meint, dass dies „ein grosser Rückschritt für den Schweizer Werbemarkt“ wäre. Ebenfalls gering ist nach Meinung des DELHInariums die Chance, dass sich die Idee von Avenir Suisse durchsetzt, die empfiehlt die SRG-Inhalte allen Medienanbietern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Auch dass die Medienförderung auf eine neue Basis gestellt werde, indem etwa Online-Medien Fördergelder erhalten, wird als wenig wahrscheinlich betrachtet.

Konkrete Veränderungen erwartet das DELPHInarium am ehesten bei der finanziellen Transparenz der SRG. Zu diesem Punkt hat die SRG ja inzwischen auch bereits erste Massnahmen angekündigt. Gewisse Chancen werden auch einer politischen Neudefinition des Service public sowie einer Einschränkung des SRG-Angebots im Internet eingeräumt, während eine Reduktion des Programmangebots bereits als relativ unwahrscheinlich erscheint – ebenso wie die Annahme, dass sich die Organisationsstruktur der SRG wesentlich ändere.

Die Erwartungen der Expertinnen und Experten des DELPHInariums an die Zukunft des Service public in der Schweiz orientieren sich somit deutlich am politisch Machbaren. Erwartet wird somit weniger eine massive Umgestaltung des bestehenden Systems als eine sanfte Renovation. Es sei höchste Zeit, dass „der Service public intensiv diskutiert“ werde, aber man müsse auch die Alternativen bedenken, meint ein Experte, und ein anderer verweist auf die hohe Qualität der SRG-Programme, welche die private Konkurrenz trotz Subventionen nicht annähernd erreichten.

 
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