Medienförderung ja, aber wie?

DELPHInarium 1/2014

Abbildung 1: Können neue Kommunikationsformen wie Social Media, Foren, Blogs Smartvote, u.ä. die Demokratiefunktionen des traditionellen Journalismus übernehmen? (n=27)
Abbildung 2: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Medien in der Schweiz hinsichtlich ihrer demokratiepolitischen Funktionen bzw. ihrer publizistischen Qualität? Geben Sie bei den folgenden Statements bitte an, wie sehr dieses ihrer Meinung nach zutrifft. (n=27)
Abbildung 3: Die Presse wird zurzeit über die Verbilligung der Posttarife indirekt mit 50 Mio. jährlich gefördert. Für wie sinnvoll erachten Sie diese Förderung? Geben Sie bei den folgenden Statements bitte an, wie sehr dieses ihrer Meinung nach zutrifft. (n=27)
Abbildung 4: Konzessionierte private Radio- und Fernsehveranstalter werden derzeit über das sogenannte Gebührensplitting direkt gefördert. Im Moment erhalten die Veranstalter 54 Mio. jährlich, in Zukunft werden es sogar 81 Mio. Für wie sinnvoll erachten Sie diese Förderung? (n=27)
Abbildung 5: Für wie sinnvoll halten Sie staatliche Medienförderung, ob direkt oder indirekt, generell? (n=27)
 

 

Die Schweizer Medien bekunden immer mehr Mühe ihre demokratiepolitischen Leistungen zu erbringen, an Medienförderung führt deshalb kein Weg vorbei. Über das „Wie“ scheiden sich aber die Geister.

Der „staatstragende“ Qualitätsjournalismus ist unter Druck – nicht nur durch schwindende Ressourcen, sondern auch durch eine neue Art von Öffentlichkeit, die sich in Foren, Blogs, Kommentarspalten und Social Media ausbreitet. Eine überwiegende Mehrheit des DELPHInarium-Exper­tenpanels ist der Meinung, dass diese neuen Kommunikationsformen die Demokratiefunktionen des traditionellen Journalismus zumindest teilweise übernehmen. Allerdings heisst dies nicht, dass sich der Journalismus überflüssig macht. Im Gegenteil, je mehr das Netz mit Propaganda, Desinformation, ungeprüften Nachrichten und unbedarften bis menschenverachtenden Meinungsäusserungen geflutet wird, umso unersetzlicher wird der Qualitätsjournalismus. Doch um diesen steht es immer schlechter: Gegen die Hälfte der Experten nimmt in den letzten Jahren eine abnehmende Qualität der Schweizer Medien hinsichtlich ihrer demokratiepolitischen Funktion wahr. Ein gutes Viertel ist der Ansicht, dass die Qualität zumindest teilweise gelitten hat. Und Besserung ist nicht in Sicht. Vielmehr glauben zwei Drittel, dass es ein Qualitätsproblem gibt, das sich in Zukunft noch verschärfen wird. Über die Gründe für diese Entwicklung bestehen kaum Zweifel: „Abnehmende Mittel für Journalismus führen zwangsläufig zu schlechterer Qualität“, bringt es ein DELPHInarium-Experte auf den Punkt.

Ohne Medienförderung sind wichtige Demokratiefunktionen gefährdet

Was wäre also zu tun, um den Qualitätsjournalismus zu retten? An Medienförderung scheint kein Weg vorbeizuführen. Nur eine kleine Minderheit der Expertinnen und Experten glaubt, dass das schweizerische Mediensystem seine demokratiepolitischen Leistungen auch ohne staatliche Medienförderung erbringen kann. Die überwiegende Mehrheit sieht das freilich anders: Über vier Fünftel der Experten sind der Ansicht, dass ohne staatliche Medienförderung wichtige demokratiepolitische Funktionen gefährdet würden. Wenn es aber darum geht, die Medienförderungsmassnahmen zu konkretisieren, ist guter Rat teuer.

Sowohl  die aktuelle Presseförderung als auch die Förderung von Radio- und Fernsehen in der Schweiz werden kontrovers beurteilt. Die Presse profitiert derzeit von einer indirekten Förderung in Höhe von 50 Millionen Franken jährlich. Dabei wird die Verbreitung der Zeitungen über die Post mit diesem Betrag aus der Bundeskasse subventioniert. Eine starke Minderheit (41%) der Expertinnen und Experten beurteilt diese Massnahme als unsinnig und plädiert auf deren Abschaffung, weil dadurch auch demokratiepolitisch irrelevante Titel wie Pfarrblätter u.ä. gefördert würden. Etwas stärker (48%) ist jedoch die Fraktion, welche das bestehende System beibehalten möchte, weil es sich bewährt habe. Ab meisten Zuspruch findet jedoch die Meinung, dass dieses System grundsätzlich vernünftig sei, jedoch selektiver angewandt werden müsse. Knapp zwei Drittel der DELPHInarier schliesst sich dieser Meinung an. Nicht abschaffen also, aber zumindest reformieren, so könnte das Urteil des DELPHInariums zur indirekten Presseförderung zusammengefasst werden. Aber vielleicht könnte gerade das Beharren auf Bestehendem den Blick für bessere Lösungen versperren, wie ein Experte feststellt: „Die indirekte Presseförderung nach dem Giesskannenprinzip ist vielleicht besser als nichts. Sie erweist sich aber auch als Bremsklotz auf der Suche nach innovativeren Modellen der direkten Presseförderung.“

Leistungsauftrag bei Radio und Fernsehen ist akzeptiert

Neben der SRG erhalten ja auch private Radio- und Fernsehveranstalter Gelder aus dem Gebührentopf. Sie müssen dafür aber einen Leistungsauftrag erfüllen. 54 Millionen Franken sind es momentan pro Jahr. In Zukunft könnten es bis zu 81 Millionen sein, wenn das Parlament den Vorstellungen der Branche folgt. Eine klare Mehrheit (70%) erklärt sich mit dieser Art der Medienförderung einverstanden und findet es auch richtig, dass die Begünstigten gewisse programmliche Auflagen erfüllen müssen. Eine Minderheit (19%) empfindet diese Art der Medienförderung als überflüssig, da es sinnlos sei, Sender, die sich im freien Markt nicht bewähren können künstlich am Leben zu erhalten. Noch kleiner (11%) ist die Gruppe derer, die den Fünfer und das Weggli möchte, d.h. Gelder aus dem Gebührentopf ohne dafür eine Leistung zu erbringen.

Grundsätzlich ist das Prinzip ‚Geld gegen Leistung‘ zumindest im Bereich von Radio und Fernsehen also kaum bestritten. Ob dies auch für die Presse gelten könnte ist aber angesichts des kollektiven Zusammenzuckens der Branche angesichts der tatsächlichen oder auch nur eingebildeten Gefahr staatlicher Eingriffe in die Medienfreiheit zweifelhaft. Eines scheint jedoch gewiss: Nicht alle Medien sind förderungswürdig. Nur gerade ein Drittel der Experten stimmt der Aussage zu, dass „alle Medien, auch die neuen digitalen“ von staatlicher Medienförderung profitieren sollten. Dass es allerdings auch in dieser Richtung Überlegungen bedarf, unterstreicht die folgende Aussage eines DELPInarium-Teilnehmers: „Es sollte eine distributionskanal-unabhängige Form der Medienförderung gefunden werden.“

 

 

 
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