Eine im Mai publizierte Publicom-Studie kam zum Schluss, dass regionales Fernsehen in der Schweiz, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ohne öffentliche Gelder nicht überlebensfähig ist. Die meisten DELPHInarium-Experten beurteilen das aktuelle Regionalfernsehmodell wie auch die Programmleistungen skeptisch. Lieber hätten sie eine starke private Konkurrenz zur SRG.
In der Schweiz gibt es 13 konzessionierte Regionalfernsehveranstalter mit einem Leistungs-auftrag, die im Schnitt zu 40% mit öffentlichen Geldern aus dem Gebührentopf finanziert werden. Auf absehbare Zeit wird sich daran nicht viel ändern, denn die Veranstalter befinden sich in einem Teufelskreislauf: Um höhere Werbemarkterträge zu erzielen, müssten die Programme mehr Publikum anziehen, sprich attraktiver sein, und um dies zu erreichen, müsste mehr Geld in die Programme investiert werden – Geld, das nicht vorhanden ist. Mehr Gebührengelder für die Regionalfernsehstationen hält aber die Mehrheit der Experten für kein taugliches Mittel. Nur gerade ein Viertel der DELHInarium-Teilnehmer bekennt sich klar zum jetzigen Finanzierungsmodell und ist der Meinung, dass die bereitgestellten Mittel ungenügend seien. Die Mehrheit möchte lieber eine „echte, private Konkurrenz zur SRG“ sehen. Da ja privates sprachregionales Fernsehen in der Schweiz nicht verboten ist, kann dies nur bedeuten, dass man die Rahmenbedingungen für ungenügend erachtet. (Siehe Abbildung 1, oben)
Sprachrohr der regionalen Politiker
Hinsichtlich der Rolle des Regionalfernsehens in der Schweizer Medienlandschaft kommen die Experten zu einem zwiespältigen Ergebnis. Zwar halten nur wenige die Regionalfernsehstationen für eine medienpolitische Fehlkonstruktion, dass sie eine wichtige Funktion für die politische Meinungsbildung in den Regionen ausüben, mag eine Mehrheit aber auch nicht bestätigen. Vielmehr ist die Mehrheit der Ansicht, dass Regionalfernsehen vor allen ein Sprachrohr für die regionalen Politiker ist, aber durchaus auch zur Identität der Regionen beiträgt. (Siehe Abbildung 2, oben)
Ebenso zwiespältig fällt das Urteil über die Programmleistungen der regionalen Fernsehstationen aus: Zwar bieten sie publikumsnahe, eigenständige Inhalte und ansprechende Information. Die Programme sind aber auch PR-lastig, bieten kaum Unterhaltung und sind weder kritisch noch innovativ. Was die journalistischen Leistungen anbelangt, bringt es ein Experte auf den Punkt: „Aufgrund der stark eingeschränkten Ressourcen sind Regionalfernsehstationen gar nicht in der Lage einen kritischen, eigenständigen Journalismus hervorzubringen, der auch in inhaltlicher und nicht bloss in geografischer Hinsicht publikumsnah ist.“ (Siehe Abbildung 3, oben)
Anteil am Fernsehwerbemarkt wird bis 2017 auf 9 Prozent steigen
Immerhin attestiert man dem Regionalfernsehen noch ein gewisses Potenzial im Werbemarkt. Gemäss DELPHInarium soll sein Anteil am Fernsehwerbemarkt in den nächsten fünf Jahren von aktuell sieben auf neun Prozent ansteigen. Das wären – bei gleich bleibendem Gesamtvolumen –rund 15 Mio. Franken mehr als heute. Mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein wäre dies allerdings auch nicht.
Die Gesamtbilanz fällt somit durchzogen aus: Zwar zweifelt kaum ein Experte die grundsätzliche Existenzberechtigung der Regionalfernsehstationen an, die aktuelle Situation wird aber als unbefriedigend erachtet. Eine Lösung könnte darin bestehen, die vorhandenen Mittel stärker zu konzentrieren, d.h. die Anzahl der Konzessionen deutlich zu reduzieren. Nur dann, so meint ein Experte, könnten sie auch „publizistisch eine relevante Alternative zur SRG“ sein. Dass dann auch deren Bedeutung im Werbemarkt zunehmen würde, wäre die logische Konsequenz.