Paid Content: Verhaltener Optimismus

DELPHInarium 2/2011

Abbildung 1: Wie beurteilen Sie die Aussichten für Paid Content (= bezahlte journalistische Inhalte in digitaler Form) im Schweizer Medienmarkt ganz generell? (n=30)
Abbildung 2: Hat der Entscheid der NZZ, Bezahlschranken einzuführen Signalwirkung, werden weitere Zeitungen in der Schweiz nachziehen? (n=30)
Abbildung 3: Sie lesen nachstehend einige Aussagen zur Zahlungsbereitschaft des Publikums für digitale journalistische Inhalte. Bitte geben Sie an, ob die nachstehenden Aussagen Ihrer Ansicht nach (eher) zutreffen oder (eher) nicht zutreffen. (n=30)
Abbildung 4: Wie hoch schätzen Sie den Anteil des Umsatzes in Prozent der Gesamterträge, den die Verlage mit Paid Content (digitale journalistische Produkte) in fünf Jahren machen werden?(n=30)
 

Vor wenigen Tagen hat die Neue Zürcher Zeitung beschlossen für ihre Online-Inhalte Bezahlschranken einzuführen. Nach Meinung der DELPHInarium-Experten könnte dies für die Branche Signalwirkung haben. Unklar ist, ob die Rechnung am Ende aufgeht.

Bisher sind die meisten Versuche, für journalistische Inhalte im Netz Geld zu verlangen, fehlgeschlagen. Seit aber Zeitungen wie die New York Times, die Financial Times und andere renommierte Blätter beschlossen haben, ihre Inhalte im Web nicht mehr zu verschenken, herrscht in der Branche weltweit Aufbruchstimmung. Könnte „Paid Content“ auch für die Schweiz ein Modell mit Zukunft sein? Ja, denn die Aussichten für Bezahlinhalte sind gut, glauben zwei Drittel der DELPHInarium-Panelisten. Allerdings nur dann, relativieren einige, wenn es sich um „hochstehenden“ Inhalt handelt, auch könne es noch einige Zeit dauern, bis die Akzeptanz im Markt vorhanden ist. (Siehe Abbildung 1, oben)

Der NZZ kommt dabei eine Art Lokomotivfunktion zu. Ist ihr Vorstoss erfolgreich, werden auch andere Medienhäuser nachziehen. Grundsätzlich ist eine deutliche Mehrheit der Experten der Ansicht, dass Informationen, wie ihn die meisten (abonnierten) Tageszeitungen heute anbieten, auch einen materiellen Wert haben, der monetarisierbar ist. Eine Minderheit ist da allerdings sehr skeptisch: „Tagesaktuelle journalistische Inhalte lassen sich online auf absehbare Zeit nicht verkaufen„, ist ein Experte überzeugt. Ein anderer vermutet Wunschdenken bei den Medienhäusern: „Man muss unterscheiden zwischen Wunsch und Realität. Eigentlich hat die NZZ völlig recht. Aber vermutlich ist der Markt schon zu versaut.

Dass es ein steiniger Weg werden könnte, zeigt sich, wenn nach der Zahlungsbereitschaft der Nutzer gefragt wird. Die Experten sind nämlich auch der Ansicht, dass für eine grosse Mehrheit der Nutzer derzeit das Gratisangebot ausreichend ist. Es bleibt also noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Eine knappe Mehrheit glaubt, dass dies gelingt. Die Menschen würden allmählich begreifen, dass Information ihren Preis hat. Es gälte aber zu differenzieren, „Inhalt ist nicht gleich Inhalt. Exklusive Inhalte können auch im Netz verkauft werden.“ Ob die Erlöse aus den digitalen Verkäufen die Erosion im Print zu kompensieren vermögen, bleibt aber weiterhin ungewiss. (Siehe Abbildung 2, oben)

Entscheidende Rolle der SRG

Der Erfolg von Paid Content wird somit davon abhängen, ob der Nutzer bereit sein wird, für Angebote, die derzeit gratis verfügbar sind, künftig zu bezahlen. Dies käme einem Sinneswandel gleich. Ob dieser sich einstellt, ist alles andere als gewiss und hängt nicht zuletzt davon ab, wie sich die mächtigen Marktakteure verhalten. Verschiedentlich wird dabei auf die Rolle der SRG verwiesen. Wenn es der SRG erlaubt ist, „gebührenfinanzierte Nachrichtenplattformen kostenlos anzubieten„, dürfte es den privaten Medienunternehmen schwer fallen, Bezahlschranken aufrecht zu halten. (Siehe Abbildung 3, oben)

So oder so werden die Bäume vorläufig nicht in den Himmel wachsen. Die Mehrheit der DELPInarium-Teilnehmer rechnet nicht damit, dass die Umsätze der Medienhäuser mit verkauften digitalen Inhalten in den nächsten fünf Jahren zehn Prozent der Gesamterlöse übersteigen wird. „Wir machen immer wieder den Fehler, die Zeitspannen, welche diese Veränderungen brauchen, zu unterschätzen„. Gut Ding will Weile haben, gilt also auch für Paid Content. Zu hoffen bleibt, dass in der Zwischenzeit den Akteuren nicht der Schnauf ausgeht. (Siehe Abbildung 4, oben)

 

 

 
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