Finanzierbarkeit journalistischer Medien

DELPHInarium 1/2011

Abbildung 1: Welche Art von Journalismus ist von dieser Entwicklung (sehr, ziemlich, weniger oder gar nicht) betroffen? (n=30)
Abbildung 2: Welche Medien sind von diesen Entwicklungen (sehr, ziemlich, weniger oder gar nicht) betroffen? n=30)
Abbildung 3: Wie beurteilen Sie die Dringlichkeit neuer Finanzierungsmodelle? (n=29)
Abbildung 4: Welche neuen Finanzierungsmodelle wären allenfalls (sehr, etc.) sinnvoll?(n=28)
 

Die journalistischen Medien brauchen dringend neue Finanzierungsmodelle. Insbesondere die Tageszeitungen sind betroffen. Helfen müssen sie sich in erster Linie aber selber, so die mehrheitliche Meinung der DELPHInarium-Experten. 

Sinkende Zahlungsbereitschaft der Nutzer und strukturelle Veränderungen im Werbemarkt stellen die Finanzierbarkeit journalistischer Medien zunehmend in Frage. Wie sehen das die Experten im DELPHInarium-Panel? Ist der Journalismus bedroht? Welche neuen Finanzierungsmodelle kämen allenfalls in Frage?

Nur Meinungsjournalismus nicht in Gefahr

Welche Art von Journalismus von den Entwicklungen am meisten betroffen ist, darüber herrscht wenig Einigkeit unter den Experten. Nur dass der Meinungsjournalismus am wenigsten zu befürchten hat, scheint einigermassen klar. Ansonsten sind alle Typen mehr oder weniger stark von den Finanzierungsproblemen betroffen. Interessant ist aber auch, dass mindestens zwei von fünf Experten jeweils nur eine geringe oder gar keine Bedrohung sehen, was zur Annahme verleiten könnte, dass die Lage weniger schlimm ist als befürchtet. (Siehe Abbildung 1, oben)

Stark gefährdete Tageszeitungen

Klarer wird das Bild, wenn nach den Mediengattungen gefragt wird: Alle DELPHInarium-Experten glauben nämlich, dass die Tageszeitungen (ziemlich bis sehr) von zunehmenden Finanzierungsproblemen betroffen sind, wohingegen die Wochen- und Sonntagspresse und die Fachmedien offenbar in weit geringerem Ausmass tangiert sind. Offenbar haben wir es weniger mit einer Journalismuskrise als mit einer Zeitungskrise zu tun.

Dringend gesucht: Neue Finanzierungsmodelle

Obwohl einige Experten noch an die grundsätzliche Zahlungsbereitschaft der Mediennutzer glauben („Informationen zur täglichen Orientierung werden einem Bedarf entsprechen, der mit Zahlungsbereitschaft einhergeht.„), besteht weitgehend Einigkeit, dass neue Finanzierungsmodelle gefragt sind. Die überwiegende Mehrheit der DELPHInarium-Teilnehmer hält solche für dringlich oder sogar sehr dringlich. (Siehe Abbildung 3, oben)

Finanzierung durch politische Interessen verpönt

Fast einhellig glauben die Medienexperten, dass es in erster Linie an den Medienhäusern selber liegt, neue Ertragsquellen zu erschliessen. Andere Optionen erhalten deutlich weniger Zustimmung. Am ehesten könnte man sich noch eine Finanzierung durch unabhängige Stiftungen vorstellen. Immerhin halten sechs von zehn Panelisten ein solches Modell für „sehr“ oder „ziemlich“ sinnvoll. Gut die Hälfte der Teilnehmer hält auch einen Ausbau der indirekten Presse- und Medienförderung für sinnvoll, während die Finanzierung durch Gebühren oder gar die direkte staatliche Förderung kaum Anhänger findet. Die Befürchtung, dass der Staat auf diese Weise Einfluss auf die Medieninhalte nimmt, ist offenbar sehr ausgeprägt. Ein Teilnehmer gibt aber auch zu bedenken: „Medien bieten meritorische Güter an, die der Markt nicht durchwegs finanziert. Deshalb sind Finanzierungsmodelle zu studieren, die wichtige, aber nicht durchgehend marktfähige Produkte unterstützen.“ Ein anderer Experte hält das Finden neuer Finanzierungsmodelle für zweitrangig angesichts der Dominanz der SRG: „Die wettbewerbsverzerrende, ungebremste Expansion der SRG in presseähnliche Online-Produkte stellt für die Tageszeitungen das akutere Problem dar.

Als am wenigsten erfreuliche Perspektive erweist sich die Finanzierung von journalistischen Medien durch medienfremde, z.B. politische Interessen. Die in letzter Zeit aufgekommene Forderung nach Transparenz der Besitzverhältnisse in Medienunternehmen scheint durch dieses Votum des DELPHInariums Unterstützung zu finden. (Siehe Abbildung 4, oben)

Die befragten Medienexperten setzen also vor allem auf die Selbstheilungskräfte der Branche. Dabei bleibt offen, welcher Art die neuen Ertragsquellen sind, die es zu erschliessen gilt. Einige Antworten enthalten immerhin vage Ansatzpunkte: Ein Teilnehmer empfiehlt den Verlagshäusern, ihre „Print-Online-Kanäle endlich komplementär statt konkurrenzierend zu positionieren„, ein anderer sieht die Lösung in der konsequenten Durchsetzung von Bezahlmodellen „für werthaltigen Content mit exklusivem Nutzen„. Ob es ein Rezept für alle geben wird, scheint angesichts der Unterschiedlichkeit der Schweizer Medienunternehmen sowieso eher fraglich. Wahrscheinlicher dürfte ein Szenario sein mit vielen verschiedenen, individuellen Lösungsansätzen.

 
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