Ein neues Raumkonzept für die Schweizer Kommunikationswirtschaft

Eine vom Bundesamt für Kommunikation und der WEMF AG für Werbemedienforschung gemeinsam finanzierte Studie der Publicom liefert die Grundlage für die Ablösung der alten WEMF-WGs.

 

Projekt und Methode

Räume und Regionen entwickeln sich dynamisch. Kommunikationsmedien sind in diesen Prozessen doppelt involviert: Zum einen sind sie Betroffene der Entwicklungen, zum anderen agieren sie auch als Motoren des Wandels. Die Raumdimension von Kommunikation ist medienpolitisch und medienpraktisch von grosser Bedeutung. Räumliche Annahmen bilden die Grundlage von konzessions- und wettbewerbsrechtlichen Entscheiden, von Mediaplänen und von strategischen Massnahmen der Medienunternehmen.

Mit Unterstützung des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) entwickelte Publicom erstmals 1994 ein Raumkonzept für die schweizerische Kommunikationswirtschaft. Die dabei entwickelte Methodik erlaubt es Kommunikationsräume hinsichtlich ihrer objektiven und subjektiven Einheitlichkeit abzugrenzen und deren Dynamik im Zeitablauf abzubilden. Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine Aktualisierung des Raumkonzepts von 1994 auf der Basis der Volkszählung 2000. Sie wurde vom Bundesamt für Kommunikation und der WEMF AG für Werbemedienforschung finanziert. Das Ergebnis ist eine Raumordnung, welche die Belange sowohl gedruckter als auch elektronischer Medien optimal abbildet.

Anhand von Daten aus der Volkszählung 2000 (Muttersprache, Mobilität, Konfession), von Mediendaten (Zeitungsverbreitung) und einer Primärerhebung im Form einer Schlüsselpersonenbefragung (2441 Gemeindepräsidentinnen und –präsidenten) zur subjektiven Regionszugehörigkeit und Zentrumsorientierung wurden die 1994 definierten Räume auf Homogenität getestet. Bei auffälligen Veränderungen wurden in einem mehrstufigen Verfahren alternative Raumoptionen simuliert bis die geforderten Homogenitätskriterien erfüllt wurden.

 

Ergebnisse

Kommunikationsräume sind geographisch abgrenzbare, soziale Räume, die – über topographische und politische Grenzen hinweg – eine innere Einheitlichkeit aufweisen. Der Kommunikationsraum entsteht dadurch, dass die Menschen eines Raumes untereinander besonders intensive kommunikative Beziehungen haben.

Wirtschaftsgebiete sind Regionen, deren Zusammengehörigkeit sich durch die intensiveren Wirtschaftsbeziehungen ergibt. Sie setzen sich aus einem oder mehreren Kommunikationsräumen zusammen und gruppieren sich in der Regel um ein starkes urbanes Zentrum. Ein Wirtschaftsgebiet verfügt über eine umfassende Infrastruktur und ein ausgebautes Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. In der Regel handelt es sich um eine mehr oder weniger geschlossene Arbeitsmarktregion.

Die Prüfung der 1994 erstmals ermittelten Kommunikationsräume und Wirtschaftsgebiete für die Schweiz mit aktuellem Datenmaterial ergab eine Raumordnung, die sich innerhalb von zehn Jahren in manchen Aspekten verändert hat: Sechs Kommunikationsräume haben aufgrund der wirtschaftlichen, demographischen und medienspezifischen Entwicklungen ihre Eigenständigkeit eingebüsst. 2004 können neu 65 Kommunikationsräume identifiziert werden. 43 liegen im deutschsprachigen, 15 im welschen, fünf im italienischen und zwei im rätoromanischen Landesteil. Von den ermittelten 20 Wirtschaftsgebieten liegen zwölf in der Deutschschweiz, sechs in der französischen und zwei in der italienischen Schweiz.

Sowohl sozio-demographisch als auch kulturell unterscheiden sich diese Räume z.T. erheblich voneinander. Abgeschlossene, kulturell sehr eigenständige Bergregionen mit wenig Einwohnern stehen den dynamisch sich entwickelnden, bevölkerungsstarken und mobilen Räumen des Mittellandes oder des Genferseebeckens gegenüber.

Über die Identifikation der Kommunikationsräume und Wirtschaftsgebiete hinaus zeitigt die Untersuchung aber weitere Ergebnisse, etwa zur Entstehung von Regionen, zu sozio-ökonomischen und kulturellen Entwicklungen und zur Entwicklung der Medienlandschaft.

Eines der Hauptresultate, welches die Ausdehnung der Räume erheblich beeinflusst hat, ist die starke Zunahme der Mobilität. Die Arbeits- und Ausbildungsplätze konzentrieren sich die auf immer weniger Zentren, die einen starken Sog auf die umliegenden Gebiete ausüben. Der Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen begünstigt diese Entwicklung ebenfalls. Einen besonders starken diesbezüglichen Einfluss üben die urbanen Zentren um Zürich, Bern und Lausanne aus. Das Mediensystem ist von dieser Mobilität erheblich betroffen, was u.a. der grosse und anhaltende Erfolg der Pendlerzeitung 20 Minuten dokumentiert. Die Mobilität strukturiert nicht nur die Rezipientenströme neu, auch die Wahrnehmungsmuster der Rezipienten verändern sich unter dem Einfluss ihrer Mobilität. Da diese oft die herkömmlichen Regionen durchbricht, tun sich die traditionellen regionalen Abonnementszeitungen mit dieser Entwicklung nicht selten schwer. Aber auch mancher regionalen Radiostation, deren Verbreitungsgebiet durch technische und/oder medienpolitische Rahmenbedingungen suboptimal liegt, könnten daraus Probleme erwachsen.

Die sprachliche Homogenität hat trotz vermehrter Einwanderung in den meisten Kommunikationsräumen zugenommen. Dies zeugt einerseits von einer verstärkten sprachlichen Integration der Ausländer. Andererseits verweist der Umstand, dass in vielen welschen Kommunikationsräumen der Anteil der Deutschsprachigen abgenommen hat, ebenso wie der weitere Rückgang des Rätoromanischen auf eine gewisse kulturelle Desintegration hin. Aus medienspezifischer Sicht kann der sprachlichen Homogenisierung der Kommunikationsräume indessen Positives abgewonnen werden, denn Sprachgrenzen wirken seit jeher als starke kommunikative Zugangsbarrieren. Sprachlich homogene Kommunikationsräume bedeuten mithin auch bessere Marktdurchdringungschancen für Medienprodukte.

Dass Regionen subjektive, dynamische Konstruktionen sind, wurde durch die Befragung der Schlüsselpersonen eindrücklich bestätigt, denn auch die regionale Identität, wesentliche Voraussetzung für die Existenz einer abgrenzbaren Region, ist offenbar veränderbar, dynamisch und vielschichtig. So können sich Individuen durchaus mehreren Regionen zugehörig fühlen, andererseits können Regionen aber auch aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwinden. Eines der diesbezüglichen Ergebnisse ist denn auch, dass die Schweiz in den letzten zehn Jahren grossräumiger geworden ist, aber auch an regionaler Vielfalt eingebüsst hat.

Auch hinsichtlich der Entwicklung der Medien- bzw. Zeitungslandschaft in den letzten zehn Jahren hat die Untersuchung Resultate erbracht. Insgesamt gesehen ist die schweizerische Presselandschaft noch immer sehr vielfältig. Obwohl in diesem Jahrzehnt einige Tageszeitungen verschwunden sind oder ihre Selbständigkeit aufgegeben haben, hat dies auf der Ebene der Kommunikationsräume überraschenderweise nicht zu einem Rückgang der Konkurrenz geführt. Die durchschnittliche Haushaltabdeckung der stärksten Tageszeitung ist nämlich seither zurückgegangen, und zwar selbst in relativ abgeschlossenen Gebieten, in denen ein einziges Medienunternehmen eine monopolartige Stellung aufweist (z.B. Jura, Oberwallis). Ob dies auf eine vermehrte Konkurrenz zwischen Tageszeitungen zurückzuführen ist oder auf den möglichen Umstand, dass das Publikum sich vermehrt über andere Kanäle (Radio, Fernsehen, Internet) informiert, müsste noch näher untersucht werden. Fest steht aber, dass die traditionelle regionale abonnierte Tageszeitung heute eine schwächere Position inne hat als vor zehn Jahren, zumal ja auch ein Bedeutungsverlust im Werbemarkt konstatiert werden muss. Dies und der Erfolg neuer Medien im überregionalen (z.B. Pendlerzeitungen), aber auch im lokalen Bereich (lokale Mikrozeitungen, Lokalradios) deutet an, dass das schweizerische Mediensystem, dessen Grundpfeiler lange Zeit die regionalen Tagespresse war, sich in einer tiefgreifenden Umbruchphase befindet.

 

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