Dass die Jungen keine Zeitungen lesen, gehört zu den unausrottbaren Standardaussagen an medienpolitischen Diskussionsrunden und Marketingtagungen. Die aktuelle Markenstudie MediaBrands 2014 kommt zu einem differenzierteren Urteil. Die jährlich durchgeführte Repräsentativerhebung ermittelt bei über 3’200 Schweizerinnen und Schweizern deren Mediennutzung und Wahrnehmung von Medienmarken. Dabei erweist sich die vielfach totgesagte Zeitung von überraschender Vitalität.
Von den klassischen Medien ist nämlich die Zeitung noch immer sehr populär. Nur elf Prozent der unter 30-Jährigen haben innerhalb von drei Monaten vor dem Befragungszeitpunkt gar keine gedruckte oder digitale Zeitung genutzt. Zusammen mit dem Fernsehen, das nur um ein Prozent besser abschneidet, gehören sie daher zu den meistgenutzten klassischen Medien. Etwas weniger beliebt ist Radio, mit dem fast ein Fünftel dieser Altersgruppe nichts anfangen kann. Richtig dramatisch wird es aber beim Medium Buch: Über zwei Fünftel der Jungen rührten innerhalb eines Dreimonatszeitraums kein Buch an – auch nicht in der elektronischen Form als eBook. Angesichts der Tatsache, dass ein Grossteil dieser Zielgruppe sich noch in Ausbildung befindet, dürfte dies manchen Bildungspolitikern Schweissperlen auf die Stirn treiben.
90 Prozent der unter 30-Jährigen sind mit (gedruckten oder digitalen) Zeitungen erreichbar
Die Zeitung ist somit immer noch auch ein Jugendmedium. Fast 90 Prozent dieser Altersgruppe sind mit Zeitungen erreichbar. Allerdings sind es nicht ausschliesslich gedruckte Zeitungen. Die Zeitungslektüre der Jungen verteilt sich vielmehr auf alle verfügbaren Kanäle, Print, online und mobile. Diese situative Mediennutzung über die verschiedensten Kanäle ist charakteristisch für die junge Generation. Eher überraschend, angesichts der Schwanengesänge, dürfte aber sein, dass Print noch immer mit Abstand der effizienteste Zeitungskanal ist: Über 70 Prozent der Altersgruppe sind mit gedruckten Zeitungen erreichbar. Nur knapp ein Fünftel konsumiert Zeitungen ausschliesslich in digitaler Form.
Alles im grünen Bereich also, was das Zeitungslesen der Jungen anbelangt? Nicht ganz. Zum einen, weil die gängigen Medienstudien der Branche diese komplexen Nutzungsmuster nicht abbilden können. Dadurch fallen die Zeitungsmarken aus dem Radar der Werbeauftraggeber – zu Unrecht, wie MediaBrands aufzeigt. Zum andern – und dies dürfte den Verlegern zu Recht Bauchschmerzen bereiten – hat die Lektüre von Zeitungsinhalten nur einen vergleichsweise geringen Stellenwert. Die Zeitung ist für die Jungen nur ein Nebenbei-Medium unter vielen und im subjektiven Empfinden nicht so wichtig.
Subjektive Bedeutung von Mediengattungen, Personen unter 30 Jahren
Relevanz und Profil einer Medienmarke sind auch bei Jungen entscheidend
Subjektiv am wichtigsten ist für diese Altersgruppe nämlich das Internet mit seinen zahllosen Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationsangeboten. Die klassischen Medienangebote von Radio, Fernsehen und Presse rücken dagegen in den Hintergrund, und zwar weitgehend unabhängig davon, ob diese analog oder digital im stationären oder mobilen Internet verfügbar sind. Allein mit einer Verlagerungsstrategie in den digitalen Raum werden die Anbieter von klassischen Medieninhalten also keine jungen Nutzer gewinnen. Entscheidend dürfte vielmehr sein, ob es eine Marke schafft, sich bei der jungen Generation Relevanz und ein starkes Markenprofil zu erarbeiten. Ein Blick auf die Marken, die bei den unter 30-Jährigen besonders grosse Sympathien geniessen, fördert Überraschendes zutage: In der Spitzengruppe der sympathischsten Marken findet sich neben dem zweiten Programm des Schweizer Fernsehens SRF 2 und Radio Energy auch die „alte Tante“ NZZ, deren Charme offenbar auch die jüngste Generation erliegt.