„Das ganze Leben besteht aus Werbung…“

In: Wolfgang J. Koschnick (Hg.): "FOCUS-Jahrbuch 2006", S. 465-474

Sonderwerbeformen – Bedeutung im Medienmarkt und Wahrnehmung im Publikum

Die Vorkommnisse um die ARD-Serie „Marienhof“ haben das Thema schlagartig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht: Product Placement und andere neue Werbeformen haben Hochkonjunktur. Der folgende Beitrag fasst aktuelle Ergebnisse einer Schweizer Studie zusammen. Sie basiert u.a. auf Experteninterviews und einer qualitativen Publikumsbefragung.

Publicom/Infras: Sonderwerbeformen im Radio und TV und deren Wahrnehmung im
Publikum. Kilchberg und Zürich, 2005. Die Studie wurde massgeblich vom schweizerischen Bundesamt für Kommunikation finanziert und von Publisuisse AG und Publicadata AG unterstützt.

 

Definition, Typologie

Sonderwerbeformen – auch als „hybride“ Werbeformen und im angelsächsischen Sprachraum als „Specials Ads“ bezeichnet – sind alle Werbeformen, die inhaltlich oder formal von der klassischen Werbung abweichen. Im Radio und Fernsehen handelt es sich um alle Werbeinhalte, die nicht in konventioneller Spot-Form in so genannten Werbeblocks ausgestrahlt werden. Ein einheitliches Begriffsystem für solche Formen gibt es allerdings nicht, vielmehr muss von einer inflationären Entwicklung der Begrifflichkeit gesprochen werden. Das gesamte Feld ist so dynamisch, dass jeder Versuch einer typologischen Beschreibung nur vorläufigen Charakter haben kann. Aktuell können im Radio neun, im Fernsehen rund 50 Formen bzw. spezifische Ausprägungen unterschieden werden.

Es lassen sich drei Grundtypen unterscheiden: Formal integrierte, inhaltlich integrierte und funktional integrierte Sonderwerbeformen. Ein Beispiel für formal integrierte sind etwa die sog. Split-Screens. Die Werbeinhalte werden hier über technische Massnahmen auf den Bildschirm gebracht, sie erscheinen formal getrennt von den übrigen Programminhalten. Die Grenze zu den inhaltlich integrierten Formen ist indessen fliessend, so zum Beispiel bei der virtuellen Werbung, die nachträglich in ein Programm eingespeist wird.

Dabei wird beispielsweise die reale Bandenwerbung in einem Sportstadion nachträglich überblendet, so dass die TV-Zuschauer andere Inhalte wahrnehmen als die Stadionbesucher. Paradebeispiel für eine inhaltliche Integration ist das Product Placement, das vollständig in einen Programmkontext integriert ist und für den Zuschauer nicht mehr als Werbung wahrnehmbar ist. Die funktionale Integration schliesslich umfasst alle Typen, bei der die Werbeinhalte zugleich Programminhalte sind, wie etwa beim Teleshopping.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die wichtigste Regelung auf gesamteuropäischer Ebene ist das Fernsehübereinkommen, das der Europarat 1989 verabschiedete. Es betrifft allerdings nur grenzüberschreitendes Fernsehen und enthält Regelungen zu Werbung und Sponsoring. Diese gehen vom Grundsatz der Trennung zwischen Werbung und Programm aus und geben vor, dass Werbung formal, d.h. optisch oder akustisch, eindeutig von anderen Programmteilen zu trennen ist. Grundsätzlich verboten ist Tabakwerbung. Werbung für Alkoholika ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Sponsoring, d.h. die Nennung von Firmen- oder Produktennamen am Anfang oder am Ende einer Sendung, ist zulässig – ausser für Nachrichtenmagazine und politische Sendungen.

Innerhalb der EU bildet die erstmals 1989 verabschiedete, 1997 ergänzte Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ oder „Fernsehrichtlinie“ den regulatorischen Rahmen. Die Mitgliedländer dürfen innerhalb dieses Rahmens aber auch strengere oder differenziertere Bestimmungen erlassen. Auch diese Regelung gründet auf dem Grundsatz der Trennung zwischen programmlichen Inhalten und Werbung. Sie enthält Bestimmungen zur formalen Abgrenzung der Werbung und zur zeitlichen Begrenzung, sowie Werbeverbote (Tabakerzeugnisse, rezeptpflichtige Medikamente) und – beschränkungen (Alkoholika). Die Richtlinie wird alle zwei Jahre überprüft, um den aktuellen Entwicklungen der Werbtechniken Rechnung zu tragen. Sie enthält deshalb auch Aussagen zu neuen Entwicklungen wie Product Placement, Split Screens, virtueller oder interaktiver Werbung. Da die Regulierungspraxis aber laufend von aktuellen Entwicklungen überholt wird, tendiert der neueste Entwurf zu einer Vereinfachung der Bestimmungen. Die strikten Regeln für Werbeunterbrechungen sollen fallen, ausserdem soll auch Product Placement ausdrücklich erlaubt sein, allerdings muss dies für das Publikum transparent gemacht werden (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.6.2005, S.42).

In der Schweiz wird Werbung und Sponsoring im Radio- und Fernsehgesetz und in der Radio- und Fernsehverordnung geregelt. Das Gesetz befindet sich derzeit in Totalrevision. Auch die Schweizer Regelung sieht vor, dass Werbung vom übrigen Programm klar zu unterscheiden ist. Es gibt zudem Vorschriften über die Unterbrechung von Sendungen durch Werbung. Für verschiedene Produkte bestehen Werbe- und Sponsoringverbote. Auch dürfen nicht alle Sendungen gesponsert werden, und werbende Aussagen sind in den Sponsoringhinweisen nicht zulässig. Im Vergleich zu den EURichtlinien sind die Schweizer Bestimmungen restriktiver, und vor allem gibt es keinerlei gesetzliche Regelungen zu neuen Werbeformen wie Split Screens oder Product Placement. In der Praxis entscheidet die Regulierungsbehörde auf der Basis der Richtlinien zu Werbung und Sponsoring über die Zulässigkeit einer Werbeform. Es ist klar, dass bei dieser Sachlage, die Veranstalter immer wieder die Grenzen testen. Entsprechend häufig sind auch die Verfahren, welche die Regulierungsbehörde gegen einzelne Veranstalter anstrengt. Auch das neue Gesetz wird voraussichtlich keine diesbezügliche Klärung bringen.

 

Sonderwerbeformen in der Medienpraxis

Ungeachtet der mehr oder weniger restriktiven Regulierungspraxis haben die Sonderwerbeformen in den letzten Jahren an wirtschaftlicher Bedeutung mit grosser Wahrscheinlichkeit stark zugelegt. Allerdings ist die Datengrundlage unsicher, denn die neuen Werbeformen werden in kaum einem Land statistisch zuverlässig erfasst. In der Schweiz wird lediglich zwischen Werbung und Sponsoring unterschieden, wobei viele private Veranstalter nicht einmal diese Unterscheidung korrekt vornehmen. Die Stiftung Werbestatistik weist nur für das Radio eine markante Steigerung des Sponsoringanteils von knapp 14% im Jahr 2000 auf gut 20% im 2004 aus. Für das Fernsehen wird im selben Zeitraum sogar ein leichter Rückgang festgestellt.

Gemäss einer Studie von 2002 nimmt der Einsatz von Sonderwerbeformen in den letzten Jahren europaweit stark zu, allerdings sind die damit erwirtschafteten Erträge noch marginal und erreichen je nach Land zwischen 0.4 und maximal vier Prozent der Gesamtumsätze im Werbemarkt (Carat Crystal/Bird&Bird: Untersuchung zur Entwicklung neuer Werbetechniken, Abschlussbericht, Brüssel 2002, S. 19).

Die Expertenbefragung in der Schweiz unterstreicht, dass sich die Sonderwerbeformen zu einer bedeutenden Einnahmequelle entwickeln. Die Geldflüsse sind indessen nur wenig transparent, denn die Erträge können sowohl in Geld- als auch in Sachleistungen, sowohl beim Programmveranstalter als auch bei der Produktionsgesellschaft anfallen. Üblich sind aber auch Mischformen. Fest steht, dass bei neuen Programmformaten Sonderwerbeformen systematisch eingebaut werden. Bei der Erfolgsserie „Lüthi und Blanc“ des (öffentlichen) Schweizer Fernsehens beispielsweise machen diese über 25 Prozent der Produktionskosten aus. Bei vielen Produktionen privater Veranstalter liegt der Anteil noch weit höher, wobei die Grenzen zwischen (erlaubtem) Sponsoring und (verbotener) Schleichwerbung zum Teil fliessend sind.

Die Attraktivität der Sonderwerbeformen ergibt sich aus der Annahme, dass diese aufgrund ihrer Programmnähe eine bessere Werbewirkung erzielen als traditionelle Spotwerbung. Dieses Argument wird zusätzlich durch neue Technologien wie PVR (Personal Video Recorder) oder elektronische Programmführer (EPG) genährt. Diese erlauben zeitversetztes Fernsehen und damit die Möglichkeit, klassische Werbung auszublenden. Entwicklungen in den USA zeigen denn auch eine rasche Verbreitung dieser Technologien und entsprechende Veränderungen im Konsumverhalten. Indessen ist ungewiss, ob die Entwicklung in Europa analog verläuft. Die Werbedichte im europäischen Fernsehen ist nämlich weit geringer als in den USA, d.h. der Anreiz, die neuen Technologien zur Werbevermeidung einzusetzen, dürfte in Europa kleiner sein.

Weitere Indizien sprechen gegen eine ungebremste Fortsetzung des Sonderwerbe-Booms: Die Gestaltungsspielräume sind begrenzt, deshalb eignen sich viele dieser Formen nicht als Substitut für klassische Werbung, sondern vor allem als Ergänzung. Ausserdem sind Sonderwerbeformen in der Produktion oft teurer, und die Messbarkeit ihrer Wirkung stösst auf grosse Schwierigkeiten. Dennoch gehen fast alle Experten davon aus, dass die Attraktivität dieser Werbeformen in absehbarer Zeit noch zunehmen wird. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass ihrem Einsatz was Zielgruppen, Produkte und Sendungen anbelangt, kaum Grenzen gesetzt sind. Solche sehen die Experten einzig bei Nachrichten- und Informationssendungen, wo der Faktor „Glaubwürdigkeit“ höher zu bewerten sei als die kommerziellen Möglichkeiten.

Der Weg der Sonderwerbeformen ins Programm ist weit weniger standardisiert als klassische Spotwerbung. Während letztere in der Regel über eine Vermarktungsgesellschaft zu fixen Tarifen disponiert wird, benötigen viele Sonderwerbeformen eine enge Zusammenarbeit zwischen Programmproduzenten und Werbetreibenden. Dabei ist oft gar kein Vermarkter zwischengeschaltet. Vielmehr gehen z.B. die Programmproduzenten mit einem Sendekonzept oder einem Drehbuch zu potenziellen Auftraggebern und sprechen mit diesen mögliche Werbeoptionen direkt ab. Umgekehrt kommt es auch vor, dass Werbetreibende mit einem Konzept an Programmveranstalter gelangen. Dass die vielbeschworene Programmautonomie unter diesen Umständen kaum Bestand hat, dürfte klar sein, selbst wenn in den Rundfunkorganisationen Vermarktung und Redaktionen in der Regel organisatorisch getrennt sind.

 

Wahrnehmung im Publikum

Die qualitative Analyse der Publikumswahrnehmung erfolgte anhand von acht moderierten Gruppendiskussionen in der deutschen und französischen Schweiz mit total rund 70 Teilnehmenden. Dabei wurden auch Reaktionen auf audiovisuelle Beispiele des Einsatzes von Sonderwerbeformen analysiert.

Zwischen den beiden Sprachregionen sind die zentralen Befunde weitgehend konsistent. Auch konnten keine Unterschiede in der Wahrnehmung und Beurteilung bei jüngeren und älteren Leuten oder bei Rezipienten, welche die privaten bzw. die öffentlich-rechtlichen Programme bevorzugen, festgestellt werden.

Werbung ist für das Publikum selbstverständlicher Teil der Medienrealität. Auch deren Rezeption ist hochgradig habitualisiert, und die Bewertung erfolgt weitgehend nach denselben Prinzipien wie auch das Programm bewertet wird. Unter „Werbung“ versteht das Publikum aber in erster Linie klassische Spotwerbung, und diese wird als Störung erlebt, sofern sie keinen Informations- oder Unterhaltungswert besitzt. Es gibt daher eine ganze Reihe von Ausweichstrategien, um Werbung zu vermeiden, besonders wenn die Unterbrechungen zu lange dauern. Das Aufzeichnen von Spielfilmen auf Video, DVD oder DVR, um Werbung zu überspringen, gehört auch dazu, ist aber (zur Zeit) eher eine Randerscheinung.

Sonderwerbeformen wie Sponsoring oder Product Placement werden nur von einem Teil des Publikums bewusst wahrgenommen. Dabei lösen sie kaum Emotionen aus. Man nimmt sie hin, nicht selten mit dem Argument, dass diese zur Finanzierung des Programms benötigt würden. In der experimentellen Konfrontation mit verschiedenen Formen zeigen sich die Probanden erstaunt über die hohe Durchdringung der elektronischen Medien mit integrierten Werbeinhalten. Offensichtlich sind solche Formen weniger auffällig als die klassischen Werbespots, stören dadurch aber auch weniger und finden deshalb eine höhere Akzeptanz.

Die Erinnerungsleistung ist jedoch gering. Stellvertretend dafür das Zitat eines jungen Mannes: „Mich stört es nicht besonders, ich kann mich aber an keine einzige Marke erinnern“. Für Sonderwerbeformen im Radio trifft diese Beobachtung noch stärker zu. Selbst Personen, die regelmässige Hörer einer gesponserten Sendung sind, vermögen sich nicht an den Sponsor zu erinnern. Dies ist auch eine Folge des Begleitcharakters von Radioprogrammen, die über weite Strecken nur eine geringe Zuwendung verlangen. Die Werbeinhalte verschwinden dadurch sozusagen im Geräuschfluss.

Vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte um unzulässige Beeinflussung, unlautere Absichten und Gefährdung redaktioneller Unabhängigkeit erstaunt es sehr, dass in den Gruppendiskussionen diese Problematik kaum je thematisiert wurde. Nicht die Nähe vieler Werbeinhalte zum Programm wird problematisiert, denn „das ganze Leben besteht mehr oder weniger aus Werbung“(Aussage einer Probandin mittleren Alters), sondern die Auswahl der Produkte und Firmen bzw. der Sendungen. Solange die Marken und Sponsoren mit den Sendeinhalten korrespondieren, wird vieles akzeptiert. Von dieser grundsätzlichen Werbetoleranz sind eigentlich nur die Nachrichtensendungen ausgenommen.

Grenzen hat die Akzeptanz von Sonderwerbeformen aber dort, wo der Erlebensfluss gestört bzw. die Aufmerksamkeit der Rezipienten überfordert wird. Dies ist z.B. bei Sendern der Fall, die gleichzeitig mehrere Ticker und Split-Screens einsetzen.

 

Schlussfolgerungen

Sonderwerbeformen spielen in der Medienpraxis schon jetzt eine grosse Rolle. Diese wird in Zukunft – insbesondere bei stärkerer Verbreitung von DVR- und PVR-Geräten – noch zunehmen. Allerdings sind dem Wachstum Grenzen gesetzt, die praktischer, regulatorischer und kommunikativer Art sind.

Ein grundsätzliches Problem stellt zweifellos die mangelnde Transparenz der Sonderwerbeformen dar. Unklar ist nicht nur, was aus regulatorischer Sicht zulässig ist, intransparent sind auch die Vermarktungsstrukturen und Preissysteme, und nicht zuletzt herrscht auch Ungewissheit, was die Kommunikationsleistung bzw. Wirkung der neuen Werbeformen anbelangt. Zwar war die Studie nicht als Wirkungsanalyse angelegt, doch legen die Publikumsreaktionen entsprechende Fragen nahe. Einer hohen Akzeptanz dieser Formen steht nämlich eine schwache Erinnerungsleistung gegenüber. Wenngleich dieser Befund keine eindeutige Interpretation zulässt, ist doch zu vermuten, dass die Wirkungszusammenhänge komplexer sind als bei klassischen Werbeformen und daher auch schwieriger zu steuern sind.

Obschon – werbetechnisch betrachtet – von einer hohen Akzeptanz nicht auf eine starke Wirkung geschlossen werden kann, gewinnen Sonderwerbeformen dadurch im Vergleich zur konventionellen Spotwerbung an Attraktivität – nicht zuletzt bei den Programmveranstaltern, die durch die Überfrachtung des Programms mit konventioneller Werbung Gefahr laufen, Publikum zu verlieren. Andererseits ist schwer zu sagen, wie das Publikum reagiert, wenn die Integration von Werbung ins Programm weiter zunimmt. Denkbar ist auch hier ein Sättigungseffekt, der zu neuen Ausweichstrategien führen könnte. Auch die Auswirkungen der Digitalisierung, mit der Möglichkeit interaktive Werbung zu schalten, auf die Radio- und TV-Nutzung sind noch völlig ungewiss. Verschiedene Aspekte sprechen also durchaus für die klassische Spot-Werbung, und es ist nicht zu erwarten, dass diese in absehbarer Zeit besonders stark erodieren wird.

Anders präsentiert sich die Problematik aus regulatorischer Sicht. Hier muss die Frage erlaubt sein, inwiefern der Grundsatz der Trennung von Programm und Werbung weiterhin als Prämisse taugt. In der Praxis ist diese längst aufgelöst. Im Sport ist dies schon seit Jahrzehnten der Fall, und die Studie zeigt, dass heute auch Unterhaltungsformate ohne integrierte Werbung – sogar vom gebührenfinanzierten Fernsehen – kaum noch realisiert werden können. Auch der eherne Grundsatz der Schweizer Regulierungspraxis, wonach Informationssendungen frei von Sponsoring sein müssen, wird in der Medienpraxis – zumindest aus Publikumssicht – unterlaufen. Dass nicht die Tagesschau des Schweizer Fernsehens gesponsert wird, sondern die vor Beginn eingeblendete Uhr, ist für die Zuschauer nämlich nicht nachvollziehbar. Die exemplarische Aussage einer Frau, „ich finde, bei der Tagesschau gehört Werbung am Anfang dazu“ (gemeint ist das Uhr-Sponsoring), zeigt nicht nur diesen Umstand auf, sondern verweist auch auf den starken Konditionierungseffekt, der sich in diesem Fall sogar in einen Ritualisierungseffekt transformiert zu haben scheint.

Neben Presseschutz-Motiven liegt den gesetzlichen Werbebeschränkungen für Radio und Fernsehen die alte Vorstellung zu Grunde, das Publikum müsse geschützt werden, da es durch die mächtigen elektronischen Medien manipuliert werden könne. Die Theorie der allmächtigen Medien ist indessen längst widerlegt, und auch die vorliegende qualitative Studie zeichnet das Bild eines mündigen, souveränen Medienkonsumenten, der mit dem Phänomen Werbung höchst pragmatisch umgeht. Was ihm einen Nutzen verschafft, nimmt er gerne an. Was nicht stört, übergeht er, und was ihn belästigt, dem weicht er aus. Angesichts dieser Befunde sind sehr restriktive Werberegelungen mit Verweis auf die Schutzbedürftigkeit des Publikums kaum noch zu legitimieren. Etwas anders präsentiert sich die Sachlage, wenn es um die Unabhängigkeit der Programmorganisationen und Redaktionen geht. In diesem Zusammenhang ist ja auch der Trennungsgrundsatz zu sehen. Dass die redaktionelle Unabhängigkeit unantastbar sei, wird auch von privaten Veranstaltern betont. Allerdings wurde dieses Kernelement journalistischer Berufsidentität seit Mitte der 1980er Jahre, als empirisch nachgewiesen wurde, dass der überwiegende Teil von Nachrichteninhalten publizistischer Medien interessengesteuert ist, immer wieder relativiert (Vgl. Baerns, Barbara: Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus? Köln 1985 und Grossenbacher, René: Die Medienmacher, Solothurn 1986), und in der Tat hinterlässt auch die vorliegende Studie erhebliche Zweifel an der generellen Gültigkeit dieser Norm in der publizistischen Praxis. Zwar gibt es keine Hinweise auf unlautere Beeinflussung von Informationssendungen durch kommerzielle Interessen von Werbeauftraggebern, doch im Unterhaltungsbereich hinterlassen diese bereits erhebliche Spuren. Wenn der Konzeption von Unterhaltungsformaten Sponsor-Interessen quasiinhärent sind, ist die programmliche Autonomie zumindest in diesem Bereich bereits in Frage gestellt. Für das Publikum sind diese Mechanismen selbstverständlich nicht durchschaubar. Die Intransparenz hat aber auch kaum grössere Konsequenzen. Nicht so im Bereich der Information. Die freie, unabhängige Information ist eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren unserer Demokratien. Besondere Wachsamkeit ist hier also in gesamtgesellschaftlichem Interesse. Angesichts des weiter anhaltenden Trends zum Infotainment, d.h. der Vermischung von Information und Unterhaltung, nimmt auch die Gefahr zu, dass involvierte kommerzielle Interessen Einfluss auf Informationsinhalte nehmen. Eine möglichst grosse Transparenz gegenüber dem Publikum hinsichtlich der kommerziellen Hintergründe bei Radio- und TV-Sendungen ist deshalb angesichts der Entwicklungen im Rundfunkbereich eine durchaus vertretbare Forderung an die Medienpolitik.

 

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