„Die Hälfte aller Werbeausgaben ist rausgeschmissenes Geld. Das Problem ist, man weiss nie, welche Hälfte.“ Bis heute hat diese Aussage ihre Gültigkeit behalten, und sie darf ohne weiteres auf die gesamten Kommunikationsausgaben bezogen werden, also Werbung, Direktmarketing, Public Relations, interne Kommunikation und auch Corporate Publishing. Wenngleich die Erkenntnis in der Praxis nicht sehr hilfreich ist, sollte man zum mindesten daraus den Schluss ziehen, die Kommunikationseffizienz gezielt zu verbessern.
Wirkungskontrolle im Corporate Publishing– ein Fremdwort
In Deutschland soll der Markt für Corporate Publishing über 4 Mrd. Euro betragen. Der Verband Forum Corporate Publishing wollte deshalb in Erfahrung bringen, wie die Wirkungen dieser Investitionen beurteilt bzw. ermittelt werden. Resultat: Alle glauben, dass ihr Geld gut investiert ist, aber niemand weiss es. Erfolgskontrolle ist sozusagen ein Fremdwort. Dies ist aus mindestens zwei Gründen problematisch:
- Corporate Publishing wird anfällig für konjunkturelle Schwankungen.
- Es gehört es zu modernem strategischem Kommunikationsmanagement, die Wirkungen von Massnahmen zu ermitteln.
Der heisse Kampf um die täglichen dreissig Minuten
Das wertvollste Gut in modernen Mediengesellschaften ist die Aufmerksamkeit! Aufmerksamkeit wird immer knapper und damit teurer. Das Kundenmagazin verfügt über ein hohes Potenzial zur Aufmerksamkeitsgewinnung. Allerdings ist der Kunde auch als Medienkonsument ausgesprochen flüchtig. Er will nicht gelangweilt werden und hat hohe Erwartungen.
- Hohe Ansprüche an Kundenmagazine in Sachen Professionalität und Zielgruppenorientierung.
Ein Kundenmagazin muss Wirkung erzielen. Diese muss als erstes bei jedem Projekt präzise definiert werden. Nur wenn die Ziele klar sind, lässt sich überprüfen, ob sie erreicht wurden. Allerdings müssen die Ziele auch realistisch sein. Dreissig Minuten täglich konsumiert ein Durchschnittsschweizer Printmedien; und um diese dreissig Minuten, tobt ein gewaltiger Konkurrenzkampf. Da kann es schon mal passieren, dass etwas, das nicht ganz so wichtig ist wie die Tageszeitung, nur oberflächlich durchgeblättert wird oder ungelesen im Altpapier landet. Dies ist kein Argument gegen Kundenmagazine, denn mit jeder Ausgabe bietet sich eine Chance, die Zielperson für ein paar unschätzbar wertvolle Minuten zu fesseln.
Methoden der Evaluation von Kundenmagazinen Alle wissenschaftlich anerkannten Methoden der empirischen Kommunikationsforschung eignen sich, d.h.
- Zielgruppen- bzw. Leserbefragungen in Form von Repräsentativuntersuchungen
- Qualitative Befragungen (einzeln oder als sog. Focus Groups)
- Inhalts- bzw. Produktanalysen (Publicom verwendet ein Analyseinstrument ein, das die wichtigsten Stärken und Schwächen eines Printprodukts eruiert. Dabei werden Erkenntnisse aus der Leserschafts- und Kommunikationsforschung, sowie aus der Wahrnehmungspsychologie zu Grunde gelegt.)
Die ideale Form der Evaluation ist eine Kombination von Zielgruppenbefragung und Produktanalyse. Sie verspricht ein Höchstmass an praktischem Nutzen, weil die Produktanalyse oftmals ein in der Befragung nur diffus artikuliertes Unbehagen konkret zu erklären vermag.
Wann und wie oft ist eine Evaluation angezeigt, was kostet sie?
Jedes Kundenmagazin sollte von Zeit zu Zeit überprüft werden. Es gibt keine vernünftigen Gründe, die grundsätzlich dagegen sprechen. (Mit der Checklist im Anhang lässt sich individuell die Dringlichkeit der Evaluation überprüfen.)
Wichtig sind Kontinuität und Vergleichbarkeit. Idealerweise sollte etwa alle drei Jahre ein Check durchgeführt werden. Die Kosten sind von verschiedenen Faktoren abhängig, insbesondere von der Anzahl der zu befragenden Zielpersonen. Nachfolgende Zahlen sind Richtwerte für die Minimalkosten.
Die Kosten:
Produktanalyse: ab ca. CHF 7’000.—
Focus Group: ab ca. CHF 12’000.—
Repräsentativbefragung: ab ca. CHF 25’000.—
Fallbeispiel: „energie + wasser“ – das Magazin der Industriellen Werke Basel
Die Industriellen Werke Basel sind für die Versorgung des Kantons Basel Stadt mit Elektrizität, Gas, Fernwärme und Trinkwasser zuständig. Das Kundenmagazin „energie + wasser“ (e + w) besteht seit 1990 und wurde vor zwei Jahren einem Relaunch unterzogen. Hauptziele der Publikation:
- Kundenbindung herstellen bzw. verstärken
- Corporate Image unterstützen
- Kunden beraten
Das Magazin befasst sich mit Themen rund um die Geschäftstätigkeit der IWB, wobei diese Themen breit und aus der Perspektive der Leserinnen und Leser angegangen werden. Es vermittelt Hintergrund, Tipps zum Umgang mit Energie und Wasser, informiert über Beratungsangebote und zeigt Zusammenhänge auf. Das Magazin enthält aber auch leichtere Stoffe (z.B. Rezept eines Basler Kochs, Preisrätsel).
Wie kommt „energie + wasser“ in der Basler Bevölkerung an?
Die wichtigsten Fragen, die mit der Leserbefragung abgeklärt werden sollten:
- Wie hoch ist der Anteil der Zielgruppe, der e + w liest?
- Wie intensiv wird das Magazin genutzt?
- Wie zufrieden sind die Kunden damit?
- Wie hoch ist die generelle Akzeptanz?
- Prägt das Magazin das Image des Herausgebers?
Im Herbst 2001 wurden 500 Personen aus dem Verbreitungsgebiet befragt. Die Stichprobe ist repräsentativ für die Bevölkerung des Kantons Basel Stadt und somit auch für die Kunden der IWB. Befragt wurde telefonisch (CATI-Technik) anhand eines standardisierten Fragebogens.
Erwartungen übertroffen
e + w erweist sich als Instrument der Kundenbindung als grosser Erfolg. Drei Viertel der Bevölkerung sind dem weitesten Leserkreis zuzurechnen, das sind deutlich über 100’000 Personen. Zum Vergleich: Die ‚Basler Zeitung‘, die regionale Monopolzeitung, verfügt im selben Gebiet über einen weitesten Leserkreis von knapp 140’000 Personen.
e + w spricht Männer und Frauen gleichermassen an, was bei diesem Thema nicht ganz selbstverständlich ist. Nur bei der Altersverteilung muss man dasselbe konstatieren wie bei allen Printmedien: Die Jungen sind mit solchen Medien schwerer zu erreichen. Entsprechend ist das Durchschnittsalter der e + w-Leserschaft drei Jahre höher als dasjenige der Basler Bevölkerung.
Erstaunlich ist auch die Intensität der Nutzung. Im Schnitt befassen sich die Leserinnen und Leser während 21 Minuten mit dem Magazin. Ein Wert, der auch auf den ökonomischen Wert dieses Kommunikationsinstruments verweist.
Die qualitativen Bewertungen unterstreichen die quantitativen Befunde. An e + w wird vor allem der Informationswert, die thematische Kompetenz, die Kundenorientierung und die Verankerung in Basel geschätzt. Die generelle Akzeptanz ist sehr hoch.
Gesamthaft begrüssen es 88% der Basler Bevölkerung ausdrücklich, dass die IWB dieses Magazin herausgeben. Sogar unter den Nicht- Lesern ist die Zustimmung mit 78% sehr hoch. Dies führt zu der scheinbar paradoxen Schlussfolgerung, dass das Magazin sogar bei denjenigen, die es nicht lesen, positive Wirkungen entfaltet.
Ein Vergleich zwischen Lesern und Nicht-Lesern zeigt zudem einen klaren Zusammenhang bezüglich des Images der IWB als Herausgeber: Leserinnen und Leser des Kundenmagazins haben eine positivere Wahrnehmung der IWB als die restliche Bevölkerung!
Der Wert einer Erfolgsmessung bemisst sich nicht zuletzt auch im Optimierungspotenzial, das damit aufgedeckt wird. Auch in dieser Hinsicht hat diese Befragung ihre Ziele erfüllt, zeigt sie doch auf, in welcher Richtung das Produkt weiterentwickelt werden muss, um noch besser den Bedürfnissen der Leserschaft zu entsprechen.
Unverzichtbares Steuerungsinstrument
Auch Wirkungsanalysen können die Gesetze der Mediengesellschaft nicht ausser Kraft setzen. Sie geben aber Aufschluss über den Kommunikationswert von Kundenmagazinen und tragen dazu bei, die Gesamteffizienz zu verbessern. Als kommunikationsstrategisches Controlling- und Steuerungsinstrument sind deshalb regelmässige Evaluationen der Corporate Publishing-Projekte unverzichtbar.