Experten fordern Massnahmen gegen Internetgiganten

DELPHInarium 1/2018

Abbildung 1: Wie hoch schätzen Sie die Anteile von Facebook und Google im Schweizer Werbemarkt ein?
Abbildung 2: Wie werden sich die Anteile von Facebook und Google in den nächsten fünf Jahren entwickeln?
Abbildung 3: Auf wessen Kosten gehen die genannten Entwicklungen in erster Linie? (max. 2 Nennungen)
Abbildung 4: Muss die Macht von Facebook & Co regulatorisch beschränkt werden?
Abbildung 5: Welche Massnahmen erachten Sie für zweckmässig, um die Macht von Facebook & Co zu beschränken?
 

Die Umverteilung von Werbegeldern in Suchmaschinen und Social Media bedroht die heimischen Medien, die für das Funktionieren unserer Demokratie unverzichtbar sind. Um die Macht der US-Internetgiganten einzudämmen, sind regulatorische Massnahmen angesagt. Dies ist das Ergebnis der aktuellen DELPHInarium-Expertenbefragung.

Die Internetriesen wie Facebook, Google und andere sind politisch unter Druck geraten. Sorgen bereiten nicht nur Intransparenz, Datenmissbräuche und Fake News, zunehmend gerät auch ihre Marktmacht ins Visier. Bereits im laufenden Jahr soll in der Schweiz die Umsatzgrenze von 2 Milliarden Franken geknackt werden (Schweiz am Wochenende, 27.6.18). Doch weil die US-Giganten ihre Länder-Umsätze geheim halten, weiss niemand genau, wie gross ihre Marktmacht tatsächlich ist.

Umverteilung geht weiter

Auch die Medienexperten im DELPHInarium-Panel sind sich höchst uneinig in der Frage, wie hoch der Marktanteil der beiden US-Werbegiganten in der Schweiz ist. Im Durch­schnitt tippen die Befragten auf einen Marktanteil von gut einem Drittel. Die grösste Gruppe sieht deren Anteil am Schweizer Werbemarkt aber bereits über 50%. Hingegen sind sich die Expertinnen und Experten weitgehend darin einig, dass der Marktanteil von Google und Facebook in den nächsten fünf Jahren weiterwachsen wird. Fast die Hälfte der Befragten glaubt sogar, dass er „stark zunehmen“ werde. Gemäss DELPHInarium dürfte dies in erster Linie auf Kosten der Printmedien gehen, in zweiter Linie muss das Fernsehen weitere Federn lassen. An dritter Stelle folgt, etwas überraschend, die übrige Onlinewerbung – auch dies keine gute Nachricht für die meisten einheimischen Medienunternehmen. Am wenigsten betroffen von dieser Entwicklung ist die Out-of-Home-Werbung, und auch das Radio hat vergleichsmässig gute Chancen den Wandel ungeschoren zu überstehen. Doch ist auch dies ungewiss, wenn eintrifft, was eine Expertin meint: „Alle Medien, die Werbung nicht personalisiert adressieren können, werden verlieren.“

Förderung von Qualitätsmedien soll Macht der US-Konzerne eindämmen

Obwohl unklar ist, wie stark die Stellung von Facebook und Google im Schweizer Werbemarkt tatsächlich ist, verfolgen die DELPHInarium-Experten die Entwicklung mit Sorge. Zum einen, weil man wirtschaftliche Machtballungen generell als schädlich erachtet, zum anderen, weil es Unbehagen verursacht, wenn der nationale Werbemarkt von amerikanischen Grosskonzernen beherrscht wird. Wenn Werbegelder zunehmend in Suchmaschinen und Social Media umverteilt werden, schwächt dies die demokratiepolitisch unverzichtbaren Medien, was letztlich unser demokratisches System bedrohen könnte. Eine deutliche Mehrheit der befragten Experten ist demnach der Meinung, dass die Macht von Facebook & Co regulatorisch beschränkt werden müsse. Nur eine Minderheit glaubt, dass der Markt die US-Konzerne in die Schranken weisen werde.

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, welche konkreten Massnahmen zielführend sind. Die höchste Zustimmung erntet der Vorschlag, die Medienförderung auszubauen. „Die direkte Unterstützung von Qualitätsmedien wird unumgänglich sein“, meint ein Experte. Ein anderer fordert vor allem die Unterstützung von Startups im Medienbereich, da die etablierten Medien­unternehmen ihren Niedergang zum Teil selbst verschuldet hätten. Auch in der Einführung rigoroser Datenschutzbestimmungen sieht die Hälfte der Experten ein taugliches Mittel gegen die weitere Machtausdehnung der US-Konzerne. Was Werbeallianzen wie Admeira anbelangt, ist die Meinungslage unentschieden (vgl. DELPHInarium zu Admeira vom Dezember 2015). Der möglichen Einführung einer Online-Werbesteuer stehen die meisten Befragten hingegen skeptisch gegenüber. Fast keine Befürworter im DELPHInarium finden Boykotte der Werbeauftraggeber gegen die US-Konzerne. Man geht wohl davon aus, dass diese ohnehin nicht befolgt würden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die befragten Medienexperten die Entwicklung als bedrohlich beurteilen und regulatorische Massnahmen im Prinzip befürworten. Allerdings spürt man eine gewisse Skepsis gegenüber zu drastischen staatlichen Eingriffen. Ein Experte bringt deshalb die Idee ins Spiel die Co-Regulierung zu fördern, z.B. über einen „Digitalrat, Beschwerdemöglichkeiten, den Einbezug der US-Player und Selbstverpflichtungen“. Viel mehr als ein Tropfen auf den berühmten heissen Stein dürfte dies aber kaum sein.

 

 
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